Dienstag, 20. Mai 2014

Serie "Wand im Kopf" (3): Finger weg von der Benzinpumpe

Einer meiner Lieblingssprüche: "Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem". Ist ein bisschen wie in der Autowerkstatt: Die Karre läuft nicht und der Experte hat einen Verdacht. Man könnte ja mal die Bezinpumpe tauschen, ist aber nicht sicher und ist halt auch aufwendig. Aber: Versuch macht kluch. Wenn einem irgendwas im Leben nicht in den Kram passt oder es sogar unglücklich macht, dann denkt man auch daran, mal was "auszutauschen", mal was anderes zu versuchen. Ob's hilft kann man dann auch nicht wissen, aber: Versuch macht kluch. Oder doch nicht? Genau wie ein seriöser KFZ-Experte sollte man nicht mal ein bissl rumprobieren, sondern das Problem analytisch angehen. Das Problem liegt meist verborgen und ist nicht leicht zu finden. Wie bei den neuen Autos ist oft mit dem Motor alles in Ordnung, nur die Steuerung spinnt. Beim Auto kann man die einfach austauschen, beim eigenen Kopf muss man sie aber "umprogrammieren".

Was ist also Motor und Steuerung: Der Motor ist was wir konkret denken, was wir konkret empfinden, wie wir Dinge konkret bewerten, welche Schlüsse wir konkret ziehen und wie wir uns konkret verhalten. Unsere Steuerung sind unsere "kognitiven Schemata", d.h. unsere Einstellung, unser Wissen, unsere Erfahrung und unsere Erwartungen. Diese sind alle eher allgemein, wie Prinzipien, und sind der "Leitfaden" für unser Leben. Von der Regel (Wissen/Einstellung), dass man pünktlich ist, leiten wir in bestimmten Situationen ab, dass wir uns jetzt aber ganz schön beeilen müssen. Pünktlichkeit ist ein Befehl, den wir erlernt haben, und dieser Befehl wird ohne Nachdenken ausgeführt. Weitere Beispiele: Ordentlichkeit, Perfektionismus, Karriere, Vermögen, Schönheit, Beliebtheit, Ansehen und, und, und... Alles Selbstverständlich und deswegen kein Grund zum Nachdenken.

Und wenn "die Karre aber nicht richtig läuft und spinnt"? Dann stimmt was nicht. Im letzten Teil ging es darum zu bemerken und zu erkennen, dass jetzt gerade etwas "hakelt". Beim Auto ist das natürlich einfacher... Und es ist bei Stress, Unbehagen, Unglück, Frust, Ärger etc. auch eine tolle Leistung das zu bemerken und darauf mit Nachdenken zu reagieren! Aber worüber sollte man denn nachdenken?

Machen Sie mal eine Fehleranalyse nach Lehrbuch: Das ABC-schema aus der klinischen Psychologie ist ein einfaches Analyseinstrument! Das "A" steht für den Auslöser: Ein Haufen Arbeit, Streit mit Kollegen oder Partner, Stress, schlechte Laune etc. Wichtig ist es, das noch genauer zu analysieren: Was genau war der Auslöser? Ein falsches Wort, eine unangenehme Grundstimmung, eine bestimmte Situation? Der Auslöser ist das, was Sie im letzten Teil bemerken sollten.

Das "C" - wir springen mal - ist die Konsequenz (engl. Consequence, daher das "C"). Auf den Auslöser reagieren Sie mit einer bestimmten Konsequenz, d.h. mit einer bestimmten Reaktion. Das ist das Erkennen aus dem letzten Teil dieser Serie. Ihre Reaktion leitet sich von Ihren (Denk-)Gewohnheiten ab (kognitive Schemata). Und scheinbar ist dann und wann etwas nicht in Ordnung mit den üblichen Reaktionen.

Allerdings hilft das noch nicht weiter, und da kommt das "B" ins Spiel: Es steht für Bewertung. Sie reagieren auf den Auslöser (A) auf eine bestimmte Weise (Konsequenz C), weil Sie den Auslöser bewerten. Und zwar mit ihren kognitiven Schemata. Wenn Sie also analysieren wollen, warum Sie bisher auf eine bestimmte Weise reagiert haben, dann suchen Sie nach der Bewertung: Pünktlichkeit ist überlebensnotwendig weil ...; ja warum eigentlich? Es wird halt verlangt, alle sehen es so. Aber ist es wirklich immer das Todesurteil? Ein mögliches Problem dabei ist das Schwarz-Weiß-Denken. Wann ist Unpünktlichtkeit schlimm und wann kann man sich einfach nur so ungefähr verabreden?

Wenn Sie das aktuelle Problem(chen) analysiert haben hilft nur eines: Stellen Sie Ihre bisherige Denkweise in Frage. Pünktlichkeit scheint selbstverständlich zu sein und gerade das ist das Alarmsignal: Nichts ist so eindeutig wie es scheint. Stellen Sie alles in Frage, erst recht, je eindeutiger es scheint. Nur so kommen Sie den Denkfehlern auf die Schliche!

Finden Sie raus wie Sie die Dinge bewerten (ABC nicht vergessen) und dann stellen Sie sie pauschal in Frage. Bei den selbstverständlichen Dingen liegt das Problem!

Im nächsten Teil geht es darum, was man mit einem gefundenen Problem denn so alles anstellen kann.

2 Kommentare:

  1. wirklich ein sehr interessanter artikel. mir ist auch selbst in letzter zeit aufgefallen, dass, wenn man ein glückliches leben will, zuerst an sich selbst arbeiten muss; mit selbstanalyse kann man so viel erreichen, sehr hilfreich in diesem sinne auch meditation. überhaup finde ich das sich beschäftigen mit pilosophien sehr wichtig, denn beschäftigt man sich damit, beschäftigt man sich mit existenziellen fragen und somit mit sich selbst, man hinterfragt festgefahrene gedankenmuster, die uns nicht angeboren sind sondern gelehrt wurden und uns gerade deshalb in der entfaltung unserer eigentlichen persönlichkeit stören. danke für diese beiträge, sie regen zum nachdenken an, ich werde Ihren blog weiterhin folgen, um immer mehr die zu werden, die ich sein will, und nicht die, die man von mir zu sein erwartet.
    glg, Mitsuki

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  2. Vielen Dank für die nette Rückmeldung. Ich freue mich wenn ich ein paar Anregungen geben kann.
    Ich wünsche, dass Sie ganz schnell, die werden, die Sie sein wollen!

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