Dienstag, 14. Januar 2014

Soziale Konstruktionen sind weder sozial noch konstruktiv

"Kleider machen Leute" - ja aber eigentlich nein. Diese Wortwendung ist wohl das allerbeste Beispiel für eine soziale Konstruktion. Dieser Spruch bringt nämlich genau den "Mechanismus" auf den Punkt und verdeutlicht auch noch, wie das Ganze in unsere Köpfe kommt!
Natürlich kennt jeder diesen Spruch und befolgt ihn meist auch (wobei viele genau das Gegenteil machen um zu zeigen, dass Sie dabei nicht mitspielen). Es ist eine gesellschaftliche "Vereinbarung" (Konvention), dass bestimmte Kleidung für einen bestimmten Zweck gedacht ist. Beispielweise sind Badeklamotten meist unangemessen außer im Schwimmbad. Allerdings geht das noch weiter: Wenn man diese Klamotten anhat dann ist man jemand und wenn nicht dann ist man niemand.

Aber gibt es denn ein Naturgesetz, das das bewirkt? Nein, deswegen ist es ja eine soziale "Vereinbarung" oder "Übereinkunft". Grundsätzlich ist nichts schlechtes an solchen Vereinbarungen - sie regeln unser Zusammenleben und den Frieden untereinander. Allerdings sind viele davon gar nicht hilfreich für uns: Die Regel, dass man nicht andere körperlich verletzen soll (wünschenswerter Weise auch nicht seelisch) ist ganz klar sehr nützlich. ...aber die andere Regel, dass man Nichts ist wenn man nicht die richtigen Klamotten anhat (bevorzugt teure Kleidung damit es sich nicht jeder erlauben kann)...?

Was hat es genau mit diesen sozialen Vereinbarungen oder eben sozialen Konstruktionen auf sich? Ein Naturgesetzt ist die Schwerkraft: Ein Apfel fällt runter wenn man ihn nicht daran hindert. Die Regel, dass man bestimmte Kleidung tragen muss wird in der Physik nicht untersucht (sondern in der Soziologie, Anthropologie, Verhaltensforschung, Sozialpsychologie...). Diese Regel ist also eine menschliche Erfindung - so könnte man "soziale" (menschliche, in der menschlichen Gesellschaft entstanden) und Konstruktion (Erfindung, Vereinbarung, Regel) übersetzen. Es sind also gemeinschaftliche Erfindungen und damit nicht ein Naturgesetz sondern von uns "konstruiert".

Und wo liegt jetzt das Problem? Das Problem ist, dass diese Konstruktionen eben nicht nur gut für uns sind. Die Regel "was Du nicht willst das man Dir tu, das füg' auch keinem anderen zu" ist natürlich eine tolle Regel, die uns genau daran hindern soll anderen köperlich oder auf anderem Wege Verletzungen oder Schäden zuzufügen. Aber die Regel, dass man nichts wert ist, wenn man keinen teuren Anzug trägt oder keinen tollen Job hat schadet und beleidigt uns. Jeder kann sich einen teuren Anzug kaufen (auch wenn der Dispo darunter leidet) - aber macht uns das dann zu einem "besonderen Menschen"? Eben nicht.

Man sollte Menschen also - große Überraschung - nicht nach ihrem Äußeren beurteilen. Aber genau das machen wir eben doch weil wir es so gelernt haben. Wenn Sie sich also immer gefragt haben warum man sich die Mühe machen sollten und den Menschen - und nicht äußerliche Dinge - zu beurteilen dann habe ich eine einfache Begründung für Sie: Weil Ihnen Äußerliches überhaupt nichts hilft. Gerade Betrüger und Verkäufer tragen gerne Anzüge! Wenn Ihnen also jemand eine "tolle Investition" oder ein "super Angebot" anbietet - dann glauben Sie ihm gerade NICHT wenn er einen Anzug trägt. Er hat sich dann nämlich so kostümiert, dass Sie ihm gutgläubig alles abkaufen. Natürlich interessiert ihn dann aber nicht Ihr Wohl - sondern sein Verdienst!

Natürlich kann man das nicht verallgemeinern (ja super)... Auch aufrichtige Verkäufer müssen Anzüge tragen, weil es ja erwartet wird (eine soziale Regel ist). Was bedeutet das? Der Anzug hilft Ihnen nicht einen guten von einem schlechten Verkäufer zu unterscheiden - Sie müssen auf andere Dinge achten. Und da haben wir wieder, warum Sie sich nicht auf Äußerlichkeiten verlassen dürfen. Sie verpassen auch einen guten Verkäufer wenn Sie Anzüge meiden. Sie könnten auch den tollsten Freund Ihres Lebens verpassen weil er nicht die richtigen Klamotten anhatte, als Sie ihn kennenlernten. Sie sollten also auf andere Dinge achten...

Das Thema "Kleindung" ist ein wunderbares Beispiel für eine soziale Konstruktion. Aber es gibt noch viele mehr!!! Macht ein teures Auto wirklich beliebter? Ja und nein. Sind Sie wirklich attraktiver, wenn Sie ein bestimmtes Deo benutzen? Wohl kaum. Aber genau das wird Ihnen immer suggeriert! Auf diesem Blog werde ich immer wieder soziale Konstruktionen besprechen. Vorerst empfehle ich Ihnen mal aufmerksam zu sein: Denken Sie mal drüber nach was noch alles solche Konstruktionen sind! Ein Tipp: Wenn kein Naturgesetz dahinter steckt ist es wahrscheinlich eine menschliche Erfindung...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen