Donnerstag, 5. Dezember 2013

Irre Gesund (?)

Na, heute schlecht drauf? Schon länger? Neeeeiiiinnn, würde uns nie passieren... Nicht doch. Wir sind jung, stark, schön und wenn das formal nicht ganz stimmt, dann benehmen wir uns einfach so! Es macht doch schließlich einen schlechten Eindruck, wenn einem die Arbeit mal zuviel wird. Oder man einfach zur Zeit total niedergeschlagen ist - keine Ahnung warum. Noch schlimmer wäre wenn man Depressionen hätte! Dann kommt man in die Klapse oder zum Gehirn-Klempner. Auch wenn's schwer auszuhalten ist - Psychotherapie ist doch was für Psychos. Aber ist das wirklich so - ist man entweder psychisch krank oder gesund?
Heutzutage nehmen so genannte psychische Störungen deutlich zu. Warum, ist schwer zu beantworten. Die Kataloge "psychischer Erkrankungen" wachsen und wachsen (z.B. ICD10 oder DSM-5). Aber es stellt sich langsam die Frage, ob wir psychisch wirklich immer kränker werden oder da nicht auch die Pharma-Industrie indirekt einen Katalog "toller Pillen" heimlich mitentwickelt. Natürlich wäre es schön, wenn die Seele künftig mehr Verständnis finden würde. Aber eine lange Liste von "Störungen", die jede kleine Abweichung als krank kennzeichnet - und am Besten gleich ein Medikament bereit hat - kann keine Hilfe sein.

Eine psychologische Belastung aufgrund eines aktuellen Anlasses (z.B. Stress und Burn-Out oder ein schlimmes Erlebnis) wird also gleich verteufelt. Dabei kann man sich hier früh Beratung und hilfreiche Tips holen und so verhindern, dass eine größere Belastung entsteht - und das ohne gleich "bekoppt" zu sein. Zwischen "psychisch krank" und einer "schlechten Zeit" liegen viele Abstufungen, die ganz normal sind. Im Mittelpunkt steht nur wie es dem einzelnen geht und ob er möchte, dass es ihm besser geht.

Es gibt nicht nur verschiedene Stufen von leicht bis schwer, sondern das Empfinden davon hängt auch von der jeweilligen Person ab. Manche Situationen sind für den einen (berechtigt) schon belastend, die für andere kein Problem darstellen. Diese Frage muss man also individuell beantworten. Dabei ist es natürlich ratsam sich eine geschulte Meinung einzuholen. Eine erste Adresse ist der Hausarzt. Allerdings muss man hier - wenn man sich nicht ernst genommen fühlt - auch eine zweite Meinung einholen. Viele Hausärzte sind weder besonders geschult noch besonders sensibel für die psychischen Befindlichkeiten ihres Patienten.

Wenn man sich gerade wirklich schlecht fühlt, dann gibt es keinen Grund gleich Angst zu bekommen und vor allem keinen Grund, sich keine  professionelle Beratung zu suchen. Man muss dann auch nicht den Starken spielen und sich Vorwürfe machen wie schwach man ist. Ausserdem ist man deswegen nicht gleich "verrückt". Oft geht es um so genannte Anpassungs-Störungen: Das bedeutet ganz einfach, dass man sich auf eine bestimmte Sache gerade nicht so gut einstellen kann - was meist viele ganz normale Gründe hat! Oft liegt dem momentanen Unwohlsein aber auch eine wirklich belastende Situation oder eine längere Entwicklung zugrunde. Dann ist Hilfe auf jedenfall sinnvoll.

Kein Psychotherapeut wird eine Behandlung durchführen, wenn das momentane Gefühl ganz normal ist. Leider vermittelt kein Lehrplan unserer Schulen allzuviel darüber wie unsere Seele funktioniert. Also müssen wir uns an fremde Meinungen halten - und zwar von Leuten die genauso wenig Ahnung haben! Oder wir bleiben einfach bei der weit verbreiteten Ansicht, dass nur "Bekloppte" zum Psychotherapeuten gehen.

Bevor man sich also zu lange rumquält: Sprechen Sie einfach mit jemand! Der Hausarzt, Familie und Freunde oder gleich ein Therapeut - es geht erst mal nur darum herauszufinden, ob zusätzliche Hilfe eine Möglichkeit ist.

Also keine Angst vor psychologischer Hilfe - es gibt auch keine Spritzen!

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