Mittwoch, 2. Juli 2014

Work-Life-Balance: Erst die Arbeit und dann das ... Nein, doch lieber noch mehr arbeiten.

"Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass". Seit der Erfindung des Trockenshampoo geht das ja auch. Bei anderen Sachen ist das schwieriger: Mehr Freizeit und Erholung, aber bitte ohne etwas anderes zu vernachlässigen. Das wäre doch schön. Geht aber nicht, weil es immer noch etwas zu tun gäbe und weil wir immer noch etwas mehr schaffen könnten. Wenn der Schrank voll ist, geht halt nichts mehr rein. Und der Schrank ist schon wirklich voll! Da muss man wohl mal ausmisten. Das Problem löst sich erst, wenn man akzeptiert, dass der Schrank zu voll ist und man weniger reinpacken muss, wenn es drinnen lockerer sein soll (und nicht so chaotisch). So ist das auch mit dem Leben: Wenn man sich immer noch was drauf packt, kann es ja nicht weniger werden. Soll es lockerer werden, muss was gestrichen werden. Irritiert, empört, amüsiert, überrascht? Das ist ja der Anfang vom Versager-Lebenslauf. Wirklich?



Warum müssen wir denn immer soviel arbeiten, erledigen, schaffen und machen? Wenn Sie jetzt denken "weil das halt so ist" oder "weil das das Beste ist", dann wiederholen Sie nur was man Ihnen gesagt hat. Wenn Ihnen das auch noch gleichzeitig schon lange gegen den Strich geht, aber "es halt nicht anders geht", dann sollten Sie Ihre Ziele hinterfragen. Ihre "Scheinziele" sind die Gesellschaftlichen Werte "Erfolg", "Reichtum", "Macht", "Einfluss", "Ansehen" etc. Die gelten halt einfach allgemein ("das ist halt so", "das macht man so"). Wenn Sie das nicht glücklich macht, dann ist das halt Ihr Problem und das muss Ihnen sogar peinlich sein, weil Sie ein Versager sind. Es gibt viele Menschen, die sich bewusst ein anderes Leben aussuchen; sind das die Versager? Aber welcher Wert ist für Sie (nicht für andere) wertvoller: Höchstmögliche Anpassung oder individuelles Glück?




Darf man sich da einfach was aussuchen? Scheinbar nein - aber nur scheinbar. Wenn diese angeblichen Werte so gelten, werden sie auch verteidigt und auch auf ihre Einhaltung gepocht. Wenn Sie sich nicht daran halten, bekommen Sie das zu spüren: Kritik, Spott, Anfeindung, Ablehnung bis hin zu Meidung. Ist man aber nicht schlauer, wenn man feststellt, dass Anderes wichtiger ist und man sich nicht mehr an das halten muss, was alle ganz automatisch anderen nachmachen? Hat man dann nicht etwas verstanden, was andere nicht verstanden haben? Kann es dann nicht egal sein, ob die Anderen das dann gut finden?



Machen Sie doch mal eine kleine Übung, um sich klarer zu werden was Sie "eigentlich" denken, "aber" andererseits glauben. Malen Sie zwei Spalten auf ein Blatt. Über der linken Spalte steht "Eigentlich..." und über der rechten "Aber...". Und jetzt erkunden Sie mal Ihre Wünsche und Ziele.
  • EIGENTLICH ... hätte ich gerne mehr zeit für mich, ABER ... wie soll ich denn dann alles schaffen?
  • EIGENTLICH ... würde ich gerne weniger arbeiten, ABER ... was macht das denn für einen Eindruck bei den Anderen?
  • EIGENLTICH ... würde ich lieber etwas ganz anderes machen, ABER ... wie soll ich denn jetzt noch schaffen etwas Neues anzufangen?
  • EIGENTLICH ... würde ich gerne mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen, ABER ... wenn ich weniger arbeite bekomme ich Ärger auf der Arbeit.
Wenn Sie dann mal die "eigentlich"-Spalte anschauen, dann sehen Sie eher Ihre mehr unbewussten und individuellen Wünsche. Wenn Sie die "aber"-Spalte anschauen, sehen Sie die dominanten, gesellschaftlichen Forderungen.  Die "eigentlich"-Spalte könnte Ihnen sogar ein bisschen peinlich sein - was hier steht ist nicht nur "unkonform", sondern sogar stigmatisiert. Lust und Vergnügen, Spaß und Glück sind etwas für Träumer, Aussteiger, Versager...

Wollen Sie das so sehen? Machen Sie mal den Versuch und erkunden Sie Ihre Wünsche. Dann sehen wir weiter.
Fragen Sie sich dann:
  • Muss ich denn alles schaffen oder kann ich nicht einfach ein paar Sachen lassen, wenn es mir gar nicht wichtig ist?
  • Ist der Eindruck denn so wichtig und achten Sie da nicht bei den falschen Leuten darauf, welchen Eindruck Sie bei denen hinterlassen?
  • Lohnt es sich nicht, die Mühen auf sich zu nehmen und nochmal etwas anders anzufangen; macht das nicht sogar viel mehr Spaß?
  • Bekommen Sie wirklich Ärger auf der Arbeit oder geht das nicht doch (und wenn doch, haben Sie dann nicht den falschen Job)?
Viel Spaß beim analysieren! Wichtig: Sie können nicht mehr Freizeit haben UND das Gleiche wie bisher schaffen.

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